TikTok Alternative mit erheblichen Risiken für Kinder
(Stand: Juni 2024)
Seit 2017 ist Likee auf dem Markt. Die App zum Erstellen und Teilen von Kurzvideos erinnert dem ersten Erscheinungsbild und den Funktionen nach an TikTok, bietet jedoch weitaus weniger Vorsorgemöglichkeiten. Auffällig ist, dass viele junge Kinder hier unterwegs sind, Beiträge posten und sich öffentlich präsentieren. jugendschutz.net erhielt vermehrt Hinweise auf sexuelle Belästigung in der App und hat Likee daraufhin gesichtet. Es zeigten sich erhebliche Risiken für junge Nutzer:innen, Opfer von sexualisierter Gewalt und Cybergrooming zu werden.1
Informationen zu Likee
Likee (vormals LIKE) wurde vom Technologieunternehmen BIGO Technology mit Sitz in Singapur entwickelt, dessen Muttergesellschaft die chinesische Firma JOYY Inc. ist. Mit der App können Nutzer:innen kurze Videos erstellen, mit einer Reihe von Filtern, Effekten und Musik versehen und teilen. Es gibt Communityfunktionen wie Liken, Folgen und Kommentieren, sowie die Möglichkeit zu Live-Streaming, Audio- oder Videochats. Über die fiktive Währung können zusätzliche Effekte freigeschaltet oder Geschenke an andere Personen gesendet werden. Im Gegensatz zu TikTok setzt Likee stark auf Künstliche Intelligenz und Augmented Reality, was sich u. a. in der höheren Qualität der Filter niederschlägt. Die App ist für iOS und Android erhältlich, außerdem gibt es einen Webzugriff, der im Vergleich zu den mobilen Varianten jedoch funktionell stark eingeschränkt ist.2
Um sich bei Likee zu registrieren, muss entweder die Verknüpfung mit einem bestehenden Account, z. B. bei Facebook oder Google hergestellt, oder die Mobilfunk-Nummer angegeben werden. Mit Ausnahme eines Nutzer:innennamens und des Geburtsjahres sind alle Angaben, inklusive das Hochladen eines Profilfotos, freiwillig und können auch nachträglich vorgenommen werden. Durch das Akzeptieren von AGB und Datenschutzerklärung, die nur auf Englisch verfügbar sind, treten Nutzer:innen ihre Rechte an den erstellten Videos ab. Die Daten werden in Singapur gespeichert und gesammelt.3
Mittlerweile ist die App Likee in circa 180 Ländern verfügbar, wobei ihr Verbreitungsschwerpunkt im osteuropäischen Raum, insbesondere in Russland, liegt. Aber auch hierzulande ist die App für junge Nutzer:innen attraktiv. Bereits 2018 benannte die Jugendzeitschrift Bravo Likee als „coole Alternative zu TikTok“.4 Die Downloadzahlen im Google Playstore lagen im Juni 2024 bei über 500 Millionen.
Nutzer:innen weit unter dem Mindestalter
In seinen AGB legt der Anbieter ein Mindestalter von 16 Jahren fest.5 Jüngere Personen dürfen Likee nur unter Aufsicht der Eltern und im eingeschränkten Modus nutzen, d. h. beliebte Funktionen wie Direktnachrichten, Livestreaming oder virtuelle Geschenke sind bei wahrheitsgemäßer Altersangabe nicht verfügbar. Die Sichtung von jugendschutz.net zeigte, dass das Alter bei der Registrierung weder kontrolliert noch das Einverständnis der Erziehungsberechtigten eingeholt wird. Selbst die Auswahl eines weitaus jüngeren Alters war technisch möglich und löste weder eine Fehler- noch eine Warnmeldung aus.
jugendschutz.net stieß auf Kinder weit unter 13 Jahren, die sich in Kurzvideos oder Livestreams mitunter leicht bekleidet, z.B. in Unterwäsche, zeigten oder zu zweideutigen Textpassagen tanzten. Darunter waren auch deutschsprachige Nutzer:innen, deren Beiträge direkt auf der For-you-Page angezeigt wurden. Einige Kinder äußerten öffentlich, dass sie auf Likee umgestiegen seien, weil ihr TikTok-Account aufgrund des zu jungen Alters gelöscht wurde. Bei Likee hingegen, zog es selbst dann keine sichtbaren Konsequenzen nach sich, wenn Kinder ihr richtiges Alter im Chat nannten oder in den Profilinformationen posteten.